Als ich die Autotüre öffnete, wurde mir die Umrechnung von Fahrenheit auf Celsius schlagartig bewusst. 104 F sind mal schlappe 40 Grad – phew! Nach unserem großartigen Kalifornien-Auftakt in Los Angeles haben Xaver und ich uns aufgemacht, die Wüste zu erkunden. Auf einen kleine Mama-Baby-Roadtrip durch den trockenen und heißen Teil Kaliforniens nach Palm Springs. Die Wüste, das heiße Nichts als Nummer 1 der Palm Springs Sehenswürdigkeiten? Und das mit Kind? Jedenfalls war der Weg durch die Wüste gen Süden nach San Diego war damit auch wie geschaffen für eine Nachuntersuchung für mein Forschungsprojekt zu Wasserknappheit.
Auf der Suche nach Wasser: San Bernardino County
Nach der Stadtrundfahrt in Los Angeles kam die nächste Herausforderung für unseren kleinen Mietwagen: Scheinbar verloren, irgendwo in der Mitte der teils 8-spurigen Autobahn. Eine Richtung, wohlgemerkt. Der Weg ging auf der Interstate 210 gen Osten. Links die fetten SUVs, rechts die monströsen Trucks. Die Gefahr: Sich richtig einzuordnen. Und das frühzeitig. Ansonsten ist nämlich die Ausfahrt schneller vorbei als gedacht.
In San Bernardino, quasi dem östlichsten Zipfel des erweiterten Stadtgebietes von Los Angeles, war das aber nicht so schlimm. Die nächste Ausfahrt hat uns nämlich gleich mal in ein Wohngebiet gebracht, dass dem australischen Outback alle Ehre gemacht hätte. Die Luft flimmert vor Hitze, sandverwehte Gehsteige, ein alter, rostiger Ford gleitet langsam – dafür mit lauter Musik – aus der Einfahrt. Sollte er so aussehen, der “outdoor playground” von Kalifornien, wie das San Bernardino County östlich von Los Angeles beschrieben wird?
Playground? Wohl nicht wirklich. An Spielplätzen nämlich fehlt es gewaltig in Amerika. Wobei das Spielen dort auch eine echte Herausforderung gewesen wäre. Denn es war heiß, echt heiß! Ein Grund mehr, einen Stopp bei der lokalen Wasserbehörde einzulegen, in deren Eingang schon ein Springbrunnen kühle Luft verströmte. Dazu Kekse, ein Becher Wasser und für mich einen Interviewpartner für mein Wasserprojekt – die Rettung vor allem für den kleinen Roadtrip-Krabbelkäfer.
Gibt es in Palm Springs Sehenswürdigkeiten außer Wüste?
Das Ziel des Tages war aber Palm Springs. Die “Oase” in der Wüste. Die Stadt, die mit grünen Golfplätzen, Pools und Hochzeitspaaren im Blütenmeer wirbt. Durch die Touristeninformation quasi am Stadtschild wurde der Eindruck noch verstärkt, dass es sich hier um einen der Top-Ferienorte – auch für die Küstenbewohner – handelt.
Sehr herzlich begrüßt wurde ich gleich mit dem Tipp versehen, doch die Seilbahn auf den nächsten Berg zu nehmen. Es sei dort oben 20 Grad kälter. Da wir ziemlich platt von Fahrt und Hitze waren, stellten wir die Suche nach den Palm Springs Sehenswürdigkeiten ein. Dafür nahm ich stattdessen lieber den Voucher für eine verbilligte Nacht im lokalen Motel 6 an. Dorthin ging es immer die Innenstadtmeile mit Luxusshops und LGBT-Lokalen entlang. Und ich? Wurde sofort in die 50er Jahre zurück versetzt. Die “midcentury-modern architecture” lässt einen wirklich glauben, dass Elvis hier immer noch in seiner Honeymoon-Suite sitzt.
Noch skurriler als in San Bernardino war allerdings die Tatsache, dass mitten in der Wüste tatsächlich ein pipifeiner grüner Rollrasen von Kakteen gerahmt ist. Dass der Wüstensand mit viel Mühe davon abgehalten wird, die sauberen Straßen zurückzuerobern. Dass sich in einer der trockensten Gegenden der Welt eine Stadt mit ihren Schwimmoasen brüstet. Das kostet – genau – vor allem Energie! Diese wird in den beeindruckenden Windräder-Wäldern vor Palm Springs gewonnen und quasi auch gleich vor Ort wieder für Klimaanlagen und Pools verbraucht. Denn es ist heiß, heiß, Baby!
Und wir reiten weiter der Sonne entgegen
Immer noch gejetlaged, fuhren wir am nächsten Tag in den Sonnenaufgang hinein, raus aus Palm Springs Richtung San Diego. Nach dem lokalen Shop für Luxuslimousinen ging es auf unserem Mama-Baby-Trip nicht weiter in Richtung Indio und Interstate 10, sondern rechts ab auf die 74er, rein in die Wüste, rauf auf die kargen Berge, die Canyons at Bighorn.
Der Blick zurück zeigt die Absurdität der grünen, bewässerten Gärten von Palm Springs inmitten der dürren Wüste.
Und voraus, hinter den weitaus kühleren Bergen, da wurde es auf einmal tatsächlich Grün. Also richtige Wiese. Echte, wilde Pflanzen, nicht komisch, fehl am Platz-wirkender ausgelegter Rasen.
Noch ein kleiner Stopp zum Stillen und Abkühlen bei 19 Grad und einem feinen Wind durch die Weizenfelder am Wegesrand – und wer kam vorbei? Ein echter Cowboy (ja, mit Jeans, Cowboyhut und sogar oben ohne) und ein wohlgebauter Triathlet in engem Nylon-Laufdress auf seiner Morgenrunde (leider nicht oben ohne). Was für eine Mischung! Wobei Ersterer zu bevorzugen war.
Jedenfalls habe ich das gerade gewonnene Cowgirl- und Ranch-Feeling bei unserem Frühstück in Aguanga, quasi einem Vorort von Temecula, noch einmal ausgekostet. Im Stagechoach Inn gab es für Xaver und mich Scrambled Eggs, inklusive altem Haudegen beim dritten Whiskey an der Bar und über uns das blinkende Budweiser-Schild.
Von Temecula aus dann gen Süden auf der Interstate 15, da waren wir wieder in der amerikanischen Normalität angelangt, neben mir der Toploader, hinter mir der XXL-LKW und heiß war es auch wieder!
Fazit des Mama-Baby-Roadtrips entlang der Palm Springs Sehenswürdigkeiten: Mehr davon – aber nur mit der ganzen Wederbande, und mit meinem eigenen Mann oben ohne!