Zwölf Jahre. Exakt zwölf Jahre. So lange ist es her, dass wir zum letzten Mal mit unseren besten Freunden ohne Kinder gefeiert haben. Die zusammengezählt sechs Sprösslinge haben uns zwar nicht gehindert, gemeinsam viel zu unternehmen wie die EU-Silvestertour. Aber Vollgas zu viert? Ohne die Minis im Nacken und in der Nähe? Nach 12 Jahren also war es wieder so weit. Für 28 Stunden ausbrechen. Ausbüchsen für eine Party an der Elbe. Der zweite Jungbrunnen-Anfall der Weder-Oldies in diesem Jahr nach Stefans Flixbus-Abenteuer. Eltern-Rock’n’Roll mit Überhang.
Für eine Party ohne Kinder nach Hamburg?
Wenn wir Weders in Klagenfurt mit einem nicht gesegnet sind, dann sind das Großeltern in der Nähe. Die einspringen, wenn Not am Mann ist. Die einspringen und auf die Kids ein Auge werfen, wenn wir uns Weder-Eltern alleine weltlichen Genüssen hingeben wollen. Ehrlich gesagt: Richtig abgegangen ist uns das bislang nicht. Was wir machen wollten, haben wir gemacht – mitsamt der Kinder. Das hat wunderbar funktioniert. Der Rest ist uns nicht abgegangen. Doch jetzt war es eine deutlich schwerere Herausforderung. Wir steckten in einem Dilemma.
Angesagt war die 40er-Party eines echten Freundes aus Hamburg. Schlappe 1.100 Kilometer im Norden Deutschlands. Nicht so ein gewohntes klassisches Family-Kinder-Dingens, sondern echte Partyparty. Kneipe, Kaltgetränk, Kante. Freitags. In den Ferien. Dazu eine Hochzeit von Franziscas Schwester in der Woche drauf. Danach Urlaub geplant. Terminengpass und Kilometerweite. Und der Wunsch, dabei zu sein. Was tun?
Wo ein Wille, da unerwartetes Glück
Wir haben geplant, Ideen und mögliche Ansätze gewälzt. Längerer Roadtrip über einige Tage und Etappen mit Kids und einer befreundeten Family von Klagenfurt nach Hamburg? Könnte passen. Hatten wir gemeinsam schon einmal in Erwägung gezogen. Wink mit dem Zaunpfahl, das endlich umzusetzen? Sie konnten erst ab Mittwoch, wir hinten hinaus die Hochzeit vor der Brust. Zu knapp. Abgesagt.
Zweite Möglichkeit: Jetten in den Norden und Babysitter über Nacht? Aus Klagenfurt fliegen? Ginge in diesem Fall sogar direkt. Aber leider nur Mittwoch und Sonntag. Zu lange weg von den Kindern. Zug und Bus ebenfalls keine Option aus Klagenfurt heraus, Weltreise. Abgehakt.
Und dann doch der Großeltern-Joker. Kaspar, unser Großer, wollte schon lange mal ein wenig Zeit allein mit Jopi, dem Jungen Opi, verbringen. Gut, bringen wir ihn hin. Stippvisite nach München. Und Großmama, selbst schon fünf Kids inklusive Franzisca mit großem Erfolg groß gezogen und glückselig mit Hund eingerichtet auf eine Zeit ohne Kleingemüse, kam doch tatsächlich mit dem Angebot um die Ecke, auf den Rest der Weder-Jungs aufzupassen. Echt jetzt? Keine Einwände? Trotz mehrfacher Nachfrage? Gebongt.
Also saßen wir plötzlich ohne Kinder um halb 4 Uhr früh im Zug nach Hamburg. Zu zweit. Abenteuerlustig. Auf Ausbruch gepolt. Irgendwie unerhört. Ein bisschen ein schlechtes Gewissen im Kopf, ein breites Grinsen im Gesicht. Und das Wissen, dass der Zug zurück schon für den nächsten Tag gebucht war. Von Hamburg aus um 6 Uhr – vormittags wohlgemerkt. Hotel hatten wir keines gebucht. Wozu auch? Ist doch Party. Ist doch Hamburg. 40 ist das neue 20. Heißt es doch, oder?
Hamburg, meine Perle
Irgendwie unwirklich. 10 Uhr. Da waren wir also. Hamburg. Für nicht mal 24 Stunden in der Hansestadt. Zu zweit. Und wir konnten tatsächlich immer noch laufen, ohne uns bei jedem Schritt auf die überdimensionalen Tränensäcke zu steigen. Den Flair der Großstadt in Altona kurz eingesaugt. Vorbei an den vielen kleinen süßen Cafés und Hipster-Kneipen, die dich lautlos anbrüllen “komm rein, setz dich hin, trink was bei mir”. Weiter durch Blankenese. Villen schauen. Und ab an die Elbe. Eingeatmet, ausgeatmet. Herrlich. Fühlt sich toll an.
Die Zehen im Sand am Elbe-Strand, der Wind um die Nase. Die Strandperle. Ein Astra. Ein Fischbrötchen. Und unsere besten Freunde am Tisch. Die Müdigkeit wie verflogen. Mit der Perle in der Perle in der Perle des Nordens. OK, genug der Schwärmerei. Hamburg hat uns als Stadt schon immer gereizt. Und es fühlte sich gut an, wieder einmal hier zu sein. In genau dieser Konstellation.
Der Rest ist schnell erzählt. Und der Spruch bekannt: What happens in Hamburg, stays in Hamburg. Oder so. Die 40er Party, genau genommen in Norderstedt nördlich der Hansestadt, war jedenfalls ein rauschendes Fest. Einige durchaus Alkohol-geschwängerte Getränke später hatte uns die Müdigkeit dann doch wieder eingeholt. Gegen halb vier war Schluss. Die Kneipe zugesperrt, die letzten Tische verräumt. Und wir am Weg zum Bahnhof. Wie am Tag vorher wieder mitten in der Nacht. Nur diesmal hieß die Stadt Hamburg. Und das Wachbleiben war deutlich schwerer. Von der Zugfahrt und den schönen deutschen Landschaften jedenfalls haben wir nicht viel mitbekommen. Dafür ist unser Fotoarchiv um ein paar Schnappschüssen müder Weder-Eltern reicher.
Born to be (mildly) wild
Was wir in jungen Jahren ohne Kinder mit dem kleinen Finger heruntergerissen hatten, hat uns diesmal ganz schön geschlaucht. Unvernünftig? Vielleicht. Aber trotzdem geil. Würden wir es wieder machen? Auf jeden Fall. Wieder so? Auf jeden Fall. Klar, am Rest des Samstags haben wir dann nicht mehr viele Bäume ausgerissen. Aber neue Ideen und neue Vorsätze im kleinen Anflug von “born to be wild” gepflanzt. Und diese gehören gehegt und gepflegt.
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