Es war unser eigener persönlicher EU-Austritt auf Zeit, am zweiten Tag unserer #CEEtour17. Belgrad war das Ziel. Und kurz gesagt: Belgrad ist irgendwie nett, ein bisschen Prunk hier, ein bisschen Charme da. Aber auch irgendwie unscheinbar. Für uns Weders die klassische Irgendwie-jo-eh-schee-Metropole. Belgrad Sehenswürdigkeiten mit Kindern im WederCheck.
Willkommen auf den zweiten Blick
Er war nicht gerade herzlich, der erste Willkommensgruß aus Serbien. Ein strenger Blick des Grenzbeamten begleitete unseren EUxit, grimmig, wortkarg, gelangweilt. Nach der Kontrolle des Wederschen Stapels an Pässen folgte irgendeine Frage auf Serbisch, vermutlich, ob wir etwas zu verzollen hätten. Unsere Antwort auf Englisch, dass wir gerade keinen Peil hätten, was er eigentlich will, entgegnete er im Zurücklehnen mit einem “Ah, egal”-Weiterwinken. Egal, Grenze halt. Juhu, wir sind in Serbien.
Der zweite serbische Gruß ging nicht an uns, sondern an die Aufhängung des WederVans: Bis rund 20 Kilometer nach der kroatischen Grenze glich die Autobahn einer einzigen Rüttelpiste mit Schlaglöchern, die sogar der berühmt-berüchtigten Villacher Straße in Klagenfurt alle Ehre gemacht hätte. Danke, Serbien. Plötzlich stand die Frage stand im Raum: Geht das mit den unfreundlichen Grüßen in Belgrad so weiter? Zum Glück war die Antwort “Nein”. Hier, in der ersten großen Metropole auf unserem Roadtrip, fühlten wir uns äußerst willkommen. Besonders mit Kids. Und die Betonung auf “groß” passt wirklich gut. Weitläufig fasst es eigentlich noch besser.
Belgrad – Großstadtflair mit spezieller Mischung
Wir waren ein bisschen zwiegespalten. Was sollten wir von Belgrad erwarten? Wir hörten von Freunden, dass Belgrad Sehenswürdigkeiten und die Stadt definitiv eine Reise wert seien. Problematisch nur: Die Empfehlungen bezogen sich weniger auf Museen, Burgen & Co., sondern größtenteils auf Pubs, Cafés und das scheinbar vibrierende Nachtleben auf den Straßen der serbischen Hauptstadt. Und das ist doch für uns genau der Teil, den wir zur Zeit Kinder bedingt eher auslassen. Was bleibt also, wenn unser Lonely Planet Eastern Europe Führer schon im ersten Satz schreibt:
“Belgrade is by no means a ‘pretty’ capital.”
Gut, dort ist auch noch die Rede von Wörtern wie “outspoken”, “adventurous” und “audacious”. Aber was bedeutet das für eine ausgiebige Erkundung mit Kindern? Der erste Eindruck, der auf jeden Fall im Kopf bleibt und blieb, ist, dass Belgrad wirklich eine spannende Mischung mit charmanten Ecken ist. Alte, stilvolle und hübsch restaurierte Prunkhäuser aus der Jahrhundertwende wechseln sich in der Innenstadt mit alten “Yugo-Bunkern” ab. Stylische Cafés und Bars mit Hipstern, die an ihren Espressi schlürfen, gehören hier ebenfalls zum Stadtbild wie heruntergekommene Ecken und Bettlerfamilien, die sich in Brunnen erfrischen. Hektisches Treiben in den Einkaufsstraßen fließt in ruhiges Chillen in der alten Festung über.
Für jeden sind in Belgrad Sehenswürdigkeiten dabei. Auch für Kinder. Obwohl man schon suchen muss. Das Flair einer echten Großstadt jedenfalls war zu spüren. Einer Stadt, die lebt. Einer Stadt, die sich aber auch irgendwie immer noch versteckt. Wie ein Kind, das sich hinter Mamas Beinen versteckt, wenn es sich neu in einer Gruppe vorstellen soll. Wie sich das Kind nach einer bestimmten Weile auch vortraut, traut sich vielleicht auch Belgrad vor, nachts. Vielleicht. Nur haben wir das bekanntlich nicht erfahren.
Weite Wege, wenig Wippen und Wasser
Nicht nur der Flair war großstädtig. Auch die Wege waren es. Die waren wirklich weit. Speziell für uns, die wir doch so gerne Städte “erstapfen”. Und das ging schon in der Früh los. Eigentlich wollten wir mit den öffentlichen Verkehrsmitteln in die Stadt. Aber nachdem wir erfahren hatten, dass der Weg von unserem Campingplatz Kamp Dunav, wunderbar idyllisch oberhalb der Donau, aber eben auch am letzten Zipfel eines Industriegebiets im Belgrader Vorort Zemun gelegen, mit dem Bus eher einer langwierigen Odyssee gleicht als einem entspannten In-die-Stadt-Gleiten, entschieden wir uns doch für den WederVan und Parkplatz. Entpuppte sich mit unseren vier Jungs letztlich als teurere, aber gute Wahl. Nicht nur aufgrund der bereits recht beeindruckenden teils vierspurigen Stadteinfahrt, vorbei am (alten) Hotel Jugoslavija (Grand Casino) sowie dem Parlamentskomplex. Ein erstes Eintauchen in alte, kommunistisch-geprägte Architektur.
Auch wenn hier und da eine Kirche und ein Museum lockt, das wahre touristische Epizentrum in der Innenstadt ist die alte Belgrader Festung, Kalemegdan. Die wahre Nummer 1 unter all den Belgrad Sehenswürdigkeiten. Hier haben wir auch recht viel Zeit verbracht. Wobei Festung jetzt spektakulärer klingt, als es in Wirklichkeit ist.
Bei Kalemegdan handelt es sich mehr um alte Mauern, in denen ein großer, weitläufiger (!) Park und das ein oder andere Museum wie das Militärmuseum oder ein Dinopark zu besichtigen sind. Für uns war es vor allem grün und damit schattig, sowie der perfekte Spot, um auf die Mündung der Sava in die Donau auf der einen sowie die Stadt auf der anderen Seite hinabzublicken. Und es gab einen Kinderspielplatz gleich neben dem Zoo. Und sogar noch einen guten. Haben wir dann doch länger in Beschlag genommen. Denn sonst sind die in Belgrad, unserer Stapferfahrung nach, eher rar gesät.
Belgrad Sehenswürdigkeiten mit Kindern – unsere Highlights
Ansonsten blieben in Belgrad die echten touristischen Highlights aus. Zumindest die, weshalb es sich allein nach Belgrad zu reisen lohnen würde. Ein paar haben wir dennoch abgeklappert. Insbesondere um mit unseren Jungs in die Jugoslawien-Geschichte etwas tiefer einzutauchen. Teils mit guten, teils mit weniger Erfolg. Was jedenfalls bleibt ist eine spannende Erfahrung in einer großen Stadt, die eh irgendwie schön ist. Irgendwie.
Kalemegdan – die Festung
Wie die gesamte Stadt groß. Großzügig angelegt, grün, schattig, mit tollen Blicken über Stadt, Land, Fluss. Bummelbähnchen, Eis- und Souvenirstände, Museen. Für uns vor allem Platz. Platz zum Laufen, Platz zum Freilauf, Platz zum Rasten, Platz zum Kicken. Mal unter Bäumen, mal auf Aussichtsplätzen. Dazu ein Zoo und ein super Spielplatz. Belgrad gechillt. Wer mehr will, kann sich einfach in die Innenstadt schmeißen.
Tito-Grabstätte & Museum der Geschichte Jugoslawiens
Er blieb seinem Stil treu, Tito. Oder genauer Josip Broz Tito, der langjährige Diktator Jugoslawiens. Selbst bei seinem Mausoleum, dem “House of Flowers”, ursprünglich als Wintergarten für ihn angelegt, sprüht uns als Besuchern der Kommunismus-Charme entgegen. Während die kleine, im Kreis um das Grab herum angelegte Ausstellung dort eine guten Überblick über sein Leben, sein Handeln, sein Büro und die Staatsgeschenke gibt, sind die anderen Museen auf dem Areal befinden, eigentlich nicht wirklich den Eintritt wert – auch wenn dieser mit 400 Dinar/Person (rund 3,40 Euro) wie für alle Belgrad Sehenswürdigkeiten dort wirklich nicht teuer ist.
Definitiv mehr erwartet hatten wir uns vom Museum der Geschichte Jugoslawiens. Das Beste dort war die (scheinbar durchaus umstrittene) Architektur und der nette Ausblick beim Eingang über die Stadt. Ansonsten muss man wohl Tito-Fan sein, um in die Sonderausstellungen und gezeigten Exponate tiefer einzusteigen.
Ganz ok wiederum war das “Alte Museum” gleich neben dem Mausoleum. Hier wurden vermehrt jugoslawische Alltagsobjekte gezeigt, was für die Kids spannend war, weil wir hier noch tiefer in die Geschichte Jugoslawiens und das Leben in einem ehemaligen, kommunistischen Staat einsteigen konnten. Ein wenig zumindest. Ein wenig DDR-Museum in Berlin, nur im Vergleich dazu auf schlecht gemacht. Aber Franzisca ist ein echter Profi, wenn es darum geht, auch die unscheinbarsten Exponate für die Weder-Jungs spannend in Geschichte(n) einzubinden.
Kathedrale des Heiligen Sava
Es ist eine der größten orthodoxen Kirche der Welt, die Kathedrale des Heiligen Sava (Hram Svetog Save). Warum, das sieht man, wenn man davor steht. Imposant und dennoch verspielt. Drinnen hingegen leider Baustelle, wenn auch eine äußerst eindrucksvoller, von der puren Größe drinnen her. Soll ein prunkvoller, riesiger Traum in Gold werden, wenn sie einmal fertig wird. Einen ersten, kleinen Eindruck davon haben wir jedenfalls schon in der Krypta bekommen. Goldmosaike mit Hunderten von Heiligen, die dich von den Wänden anstarren. Und alle mit einem grimmigen, traurigen, leidenden Gesichtsausdruck. Im Vergleich dazu kommen einem sogar manch katholische Kirchen von Innen teils wie herzerfrischende, humorvolle Wohlfühloasen vor. Mir persönlich jedenfalls war das zu viel. Wie schön war es dann, draußen vor dem Portal wieder ordentlich Xavers Lachen zu hören.
Roter Stern Belgrad Stadion
Offiziell ist es das Stadion Rajko Mitić, benannt nach einer serbischen Fußball- und Trainerlegende. Inoffiziell heißt es auch “Marakana”. Und die Vergleiche mit dem berühmt und berühmt-berüchtigten Stadion in Rio, Brasilien, braucht das Stadion von Roter Stern Belgrad nicht zu scheuen. Zwar schon etwas in die Jahre gekommen, was besonders von außen spürbar wird. Dennoch lässt sich auch im leeren Rund erahnen, welch Hexenkessel hier ist, wenn die Ultras auf den Rängen für Stimmung sorgen.
Für unsere Fußball-begeisterten Jungs ein Must-See unter all den Belgrad Sehenswürdigkeiten. Für Kaspar im Speziellen: Schließlich hat er erst vor Kurzem bei einem internationalen Turnier gegen die U10-Jugend von Roter Stern gespielt (und verloren). Kurzer, perfekter Abstecher nach dem Tito-Grab, zumal es de facto fast daneben liegt. Ebenfalls faszinierend: Auch das Stadion von Stadtrivale Partizan liegt nur ein paar hundert Meter entfernt. Immer präsent, ob als Grafitti an den Wänden oder im VIP-Club: Der rote Stern. Klar, dass wir bei solchen Emotionen da im Fanshop zuschlagen mussten. Und vermutlich dort mehr Dinar gelassen haben als irgendwo anders während unseres gesamten Belgrad-Aufenthalts.