Und plötzlich waren wir weg. 2011. Einfach fort. Verschwunden aus Klagenfurt. Ohne große Ankündigung. Mit vier Koffern ans andere Ende der Welt. Auslandsjahr Neuseeland. Genau 1 Jahr. So war der Plan. Nein, eigentlich hatten wir nicht viel Plan. Denn die Entscheidung, auf Zeit auszuwandern, fiel spontan. Gerade einmal etwas mehr als ein Monat lag zwischen “Ja, wir machen es” und dem Abflug Richtung Neuseeland. Ein Jahr im Land der Kiwis. Wie es dazu kam und was uns (dazu) bewegt hat.
Neuseeland und Franzisca – eine besondere Beziehung
Franzisca war es. Ganz klar. Frau Professor war schuld. ICA Konferenz. Wie jedes Jahr. Tummeln am internationalen Wissenschaftsparkett ihrer Branche. 2011 in Boston. Mit Julius im Schlepptau. Was sie mitbrachte aus den USA waren zwei Dinge: Coole Schaschlikspieße für den Griller für mich und ein unmoralisches Angebot. 1 Jahr Neuseeland. Ins Land am anderen Ende der Welt. Und mit dem besonderen Charme.
Denn schon einmal spielte Neuseeland in Franziscas Leben eine einschneidende Rolle: Als “Up-and-away-Destination”. Antriebslos, ideenlos, ziellos nach dem Abitur schwirrte sie durch das Leben. Hatte ein Kunstgeschichtsstudium gestartet, das keinen Spaß machte, sich nicht richtig anfühlte. So erzählt sie es zumindest. Neuseeland-Tour zur Selbstfindung. Aussteigen, um ins Leben neu einzusteigen. Verpackt als Sprachkurs. Um dann mit neuer Motivation zurück in deutschen Gefilden Journalistik in Eichstätt zu studieren. Der Beginn ihrer wissenschaftlichen Karriere. Und der Beginn von 6inaVan und der Weder-Family. Aber das ist eine andere Geschichte.
Konferenz des Schicksals und eine Entscheidung
Jetzt also hing nach der Konferenz des Schicksals Anfang Juni 2011 die Karotte Neuseeland vor unserer Nase. Ich kann mich noch genau daran erinnern. Franzisca zurück in Klagenfurt, mit einem Glitzern in den Augen. Erfüllt und fröhlich. Raus mit der Sprache rückte sie aber erstmal nicht. Jetlag ausschlafen. Irgendwann später am Tag kamen erst einmal die anderen Begegnungen und Erlebnisse der Boston-Tour in ihren Erzählungen dran.
Und dann die Neuigkeiten. Verpackt Franzisca-Style. Mit ihrer bekannt verstohlenen Art, tief im Inneren zu wissen, etwas ganz, ganz wirklich zu wollen. Aber gleichzeitig nicht zu wissen, wie sie es mir sagen soll. Und um Worte ringend herumdrucksen, um diesen Wunsch nicht beim ersten Wort gleich zu zerstören. Der klassische “Eine gute und eine weniger gute Nachricht”-Ansatz vereinfachte ihre Situation. Die gute Nachricht also zuerst: Wir haben die Möglichkeit, nach Neuseeland zu gehen. Eine Vertretungsprofessur für ein Jahr wird frei. An der University of Waikato in Hamilton. Und dann die weniger gute: Semesterstart ist nur etwas mehr als einen Monat entfernt.Wenn ich ehrlich bin: Lange habe ich nicht überlegt. Die Entscheidung “Auslandsjahr Neuseeland – Ja-Nein-Vielleicht” war schnell mit einem klaren Ja beantwortet. Daran gedacht, ob sich das in diesem einen Monat bis zum Semesterstart in Neuseeland organisatorisch überhaupt ausgeht, hatte ich damals keinen Moment. OK, wohl fast keinen. Die Zeit jedenfalls war reif. Das richtige Angebot zur richtigen Zeit.
Es hat einfach gepasst
Eineinhalb Jahre vor diesen speziellen Neuseeland-Überlegungen hatte ich meinem Hamsterrad-Berufsleben in einer großen PR-Agentur in Wien Adieu gesagt, gekündigt und bin zur Familie nach Klagenfurt gezogen. Ab in die Selbständigkeit. Was hier recht einfach klingt, war damals nicht so. Eigentlich überhaupt nicht so. Diese Entscheidung war hart. Ihr ging eine lange, lange Phase des Abwägens, Überlegens und Durchrechnens vorweg. Gemeinsam mit Franzisca.
Dieser Schritt in den Süden Österreichs jedenfalls tat mir persönlich gut. Dem Geschäft in der Selbständigkeit weniger. Zwar hatte ich mir vorgenommen, bewusst ein wenig die Geschwindigkeit aus meinem Leben zu nehmen. Ich wollte mir auch Zeit lassen, der “Wederei”, wie meine “Manufaktur für Kommunikation” heißen sollte, den passenden Anstrich zu verleihen.
Doch dass der innere Schweinehund so laut schreien kann, hätte ich nicht gedacht. Heißt: Es lief nicht so gut an wie gewünscht. Die vier Wände im Home Office wurden enger. Ich hatte den Schritt unterschätzt. Zwar kam durch alte Verbindungen und weniger alte Kunden in Wien durchaus der eine oder andere Euro rein. Aber beruflich angekommen in Klagenfurt war ich definitiv noch nicht. Oder im Sinne der damals notwendigen Neuseeland-Entscheidung gesprochen: Ich fühlte mich wenig gebunden und relativ frei.
Für Franzisca selbst passte es sowieso. Nach der Geburt von zwei Kindern und dem Schwerpunkt Mama-Dasein beruflich wieder voll motiviert und gefühlt auf der wissenschaftlichen Überholspur, war “Lehren im Ausland” der mehr oder weniger einzige richtig weiße Fleck ihres damaligen, vor-professoralen Lebenslaufs. Zudem waren die Kinder ja auch noch klein. Keine schulischen Verpflichtungen. Also stand schnell fest: Los, wir machen das mit dem Auslandsjahr Neuseeland. Mit zwei Kindern für ein Jahr. Aber halt alles schon in rund einem Monat.
Hamil-what?
Waikato? Hamilton? Wo liegt denn das überhaupt? Ein rasches erstes Googlen und ein Aha später: Hamilton, rund 100 Kilometer südlich der Hauptstadt Auckland, viertgrößte Stadt Neuseelands, 140.000 Einwohner, Zentrum für ein stark landwirtschaftlich und rural geprägtes Umland, zwei Kulturgruppen, Universität, Pubs in der Innenstadt, großes Stadion.
An was erinnert mich das nur? Wo waren wir noch einmal Zuhause? Klagenfurt? Südlich der Hauptstadt Wien, sechstgrößte Stadt Österreichs, 100.000 Einwohner, Zentrum für ein stark landwirtschaftlich und rural geprägtes Umland, zwei Kulturgruppen, Universität, Pubs in der Innenstadt, großes Stadion. Sicher nur Zufall, oder?
Auslandsjahr Neuseeland: Full-Speed-Orga
Die Vorfreude jedenfalls wuchs von Tag zu Tag. Die Spannung ebenfalls. So viel war zu tun. Der Projektplan füllte sich. Die größte Herausforderung: Die Visen. Als Deutsche in Österreich hieß es für uns mit Berlin telefonieren und kommunizieren. Die Auskunft lautete: 4 Wochen, schneller geht es nicht. Könnte eng werden.
Wie auch alles andere, was in der Zeit zu organisieren war. Schaffen wir das? In Neuseeland Unterkunft und Auto für einen schnellen Start checken. In Klagenfurt Haus, Zeitung, Auto, Versicherung, Telefon, Abmeldungen und und und. Kurz gesagt: Es ging sich aus. Nein, besser. Es lief wirklich absolut “smooth”.
Am 14. Juli 2011 saßen wir zu viert im Flieger nach Neuseeland. Erst viel, viel später realisierten wir, was wir in dieser Zeit alles geschafft hatten. Und selbst dann wussten wir nicht, was dieses Auslandsjahr Neuseeland für uns als Familie noch bedeuten sollte.