14 + neunzehn =

zwölf − 8 =

Es ist schon ein Weilchen her. Ein Jahr, um exakt zu sein. Seit diesem einen Jahr ist Franzisca zurück in ihrem Job. Zurück an der Universität. Mama arbeitet wieder. Nach zuvor Jahren voller Karenz. Also, was soll schon sein? Sie eben zurück im Berufsleben, ich einen Schritt in Richtung Kinder. Einfach. Bin ja selbständig. Raus aus dem Coworking, rein ins Homeoffice. Again. Was wie eine kleine Änderung im Familiensystem und der Wederschen Alltagslogistik ausschaute, entpuppte sich als echte Herausforderung. Vor allem im Kopf. Ein wechselseitiger Rückblick der Eltern-Weders auf eine unterschätzte Umstellung.

Mama arbeitet wieder – Franziscas Gedanken

Yeah, zurück in den Job. Er ist mir ja doch irgendwie abgegangen, auch wenn ich ihn so voll und ganz nie an den Nagel gehängt hatte. Und doch kam sehr schnell das auf, was ich schon vermutet hatte: ein innerer Gefühlsspagat. Vielfältigkeit auf der einen, Zerrissenheit auf der anderen Seite. Das beschreibt es wohl am Besten. Vor allem, wenn man mit so vielen Jungs und einem wundervollen Mann daheim wieder tief in die Arbeitswelt eintaucht.

Die Vielfältigkeit meines Jobs als Professorin an der Uni auf der einen Seite ist wunderbar. Studierende begeistern, lustige Lehrforschungsprojekte ausdenken, Konferenzen planen, und dann auch an tolle Orte fahren oder fliegen zu können – mit Kind und ohne Kind. Das macht wirklich Spaß.Franzisca hält einen Vortrag - Mama arbeitetDoch der Alltag eines Uni-Jobs fordert – was viele oft nicht glauben wollen – einen auch ziemlich heraus. Nicht nur als Mama. Auf der einen Seite gibt es das dichte Alltagsgeschäft, die Lehrveranstaltungen, die Betreuungen von Abschlussarbeiten und ziemlich viel Organisationskram. Und auf der anderen Seite sind da die Langzeitthemen. Immer irgendwie im Kopf.

Konferenzen beispielsweise haben bereits 10 Monate vorher ihre Deadlines für die Einreichungen. Für spannende Projekte muss erst einmal Geld lukriert werden – meist verbunden mit entsprechenden Förderanträgen. Tja, und dann sollte man die erforschten Dinge ja auch noch veröffentlichen. Eine Kolumne im Standard schreibt sich schnell. Doch eine waschechte Journal-Publikation (die dann wieder keiner liest, seufz), an der schreibt man dann doch deutlich länger. Glücklich, wer solche Geschichten “nur” noch zweimal überarbeiten muss.

Wenn sich zwei Wünsche kreuzen

Die wirkliche Zerrissenheit entsteht aber, wenn Job und Kinder kollidieren. Letztes Beispiel: Abschluss-Aufführung von Julius in der Schule. Und ich quasi “weisungsbedingt” eingeteilt für eine Keynote. Was tun?! Das Herz schmerzt, der Kopf sagt “Ich will zur Aufführung”. Die Ratio sagt, ich sollte die Keynote halten. Muss sein, kommt von “oben”, und ist sicher “sinnvoll” – aus Jobperspektive.

Doch was ist diese Jobperspektive? Früher habe ich wohl noch Karriereperspektive gesagt. Aber da ich irgendwie beruflich da bin, wo es für mich zumindest gut zum Gesamtarrangement passt, ist es tatsächlich eher eine Frage des Arbeitskontextes, der mich – trotz aller Freiheiten, die ich habe – zu bestimmten Dingen zwingt, die mir halt so gar nicht in den Kram passen.Nachhaltig reisen: Franzisca von 6inavan nachdenklichUnd da bin ich dann auf einmal wieder die dickköpfige, trotzige, nachdenkliche Franzisca, die eigentlich viel lieber ihrem Herzen folgt als dem Kopf. Der das Herz auch eher auf der Zunge liegt. Und der man haargenau ansieht, wenn sie auf etwas keine Lust hat.

Diese Grenzen am eigenen Leib wieder zu spüren, war das, was mir beim Wiedereinstieg wohl am schwersten gefallen ist. Und auch heute noch fällt. In Situationen gedrängt zu werden, in denen es keine “Exit-Option” gibt. Das ist genau das Gefühl der Zerrissenheit, zwischen dem Arbeitskontext und meinem eigentlichen Leben mit Stefan und den Jungs. Zwischen dem was “muss” und was “kann” und “sollte”. Das Gefühl, das wohl jede Frau, die versucht auf verschiedenen Baustellen familiärer und beruflicher Natur unterwegs zu sein, irgendwann einmal kennen lernt.

Ich bin unendlich dankbar, für die Vielfältigkeit meines Lebens – und doch zerreißt mich der Spagat zwischen Kinder und Beruf ganz schön.Franzisca und Emil lustig

Mama arbeitet wieder – Stefans Gedanken

Was bin ich? Für mich war das keine heitere Gameshow im Fernsehen. Die Frage war mehr als reell, als Franzisca wieder zum Arbeiten begonnen hatte im vergangenen Jahr. Frauen und Kinder und Beruf – der Klassiker. Nicht einfach. Aber von vielen erfolgreich vorexerziert. Also muss das auch bei uns klappen. Franzisca, die Powerfrau. Das kriegt sie hin. Da war ich mir sicher. Mama arbeitet wieder. Doch was ist mit Papa?

Ich hatte mich gefreut. Denn es hat irgendwie gepasst. Runterschrauben mit der PR, beruflich zurück auf halbtags mit flexibler Option auf mehr, wenn mehr nötig. So der Plan. Meine neue Rollenbeschreibung: vormittags werkeln für die Kunden, mittags Koch und  nachmittags Spielkamerad für die Jungs, abends Ehemann für Franzisca (und/oder gegebenenfalls noch einmal werkeln). So und so: Ich wollte zu Hause wieder mehr Verantwortung übernehmen. Wie in früheren Väterkarenzzeiten. Sollte also doch einfach sein. War es aber nicht. Denn die Gefühlslage war komplexer. Nix easy rider.Stefan vor Foto von Dennis Hopper

Auf der Suche nach meinem Platz

Logistisch war das alles kein Thema. Alltag eingespielt nach kurzer Zeit. Doch mit meiner Rolle war ich nicht zufrieden. Ich fühlte mich degradiert. Und das hatte einen Grund: Franziscas Zerrissenheit. Denn ihr Drang nach verständlicherweise viel Zeit mit den Kindern ging gegen meinen Plan. Flexible Präsenzzeiten und Termine an der Uni machen es möglich. Heißt: Franzisca nachmittags zurück daheim, Kinderübergabe. Automatisch. Und – überspitzt formuliert – Herr Koch wurde zurück in sein Kammerl geschoben. Und wieder herausgeholt, wenn Fahrten zum Fußball zu erledigen waren. Oder ähnliches. So zumindest fühlte es sich an.

Klick gemacht hat es aber nicht gleich. Da musste ich erst darauf kommen nach einiger Zeit. Denn am Anfang war ich eigentlich recht froh um Franziscas Alltagsunterstützung. Beruflich runterschrauben von heute auf morgen geht und ging nicht so einfach. Weder von den Kunden aus, noch in meinem Kopf. Jede extra Minute war deshalb willkommen. Aber im Homeoffice? Franzisca und die Kids hatten Spaß, spielten, unternahmen Dinge. Und ich bekam es meist durch die Wände mit. Schwer, da die Konzentration zu halten.

Das Blöde dabei: Dieser Ablauf schliff sich ein. Gewohnheitstier. Nur ein paar Wochen zelebriert – und schon war es in Fleisch und Blut übergegangen, dass Mama am Nachmittag übernimmt. Und ich? Emotional stand ich neben mir. Enttäuscht. Die Erwartungen unerfüllt. Die an die Zeit mit den Kindern. Die an mich selbst. Ich konnte ihnen nicht gerecht werden. Mama arbeitet wieder. Und in mir arbeitet(e) es auch. Nur es dauerte, bis ich mir klar darüber war und es auch aus mir raus durfte.Stefan nachdenklich

Mama arbeitet wieder – die gemeinsame Sicht

Die Balance im Alltag, die haben wir irgendwie gefunden. Doch es war und ist harte Arbeit und eine ebenso harte Erkenntnis. Und ein Aufeinander zugehen. Immer wieder. Und Kommunikation. Immer wieder. Die Mitte in uns jedoch haben wir noch nicht. Die allumspannende Wedersche Mitte. Wir tun uns derzeit immer noch schwer, die Lösung für uns zu finden. Franziscas Zerrissenheit geht nicht einfach weg. Stefans Abstellrampe wurde noch nicht gänzlich abgebaut. Was wir wirklich brauchen, haben wir noch nicht gefunden. Das Gummiband der Gefühle schnellt hin und her. Mal zieht der eine stärker, mal der andere.

Es war und ist keine einfache Zeit. Der Alltag überdeckte vieles. Ein Alltag mit vier Jungs und unzähligen Terminen. Wenig Zeit, sich mal ausgiebig mit sich selbst zu beschäftigen. Zu wenig. Das müssen wir nach einem Jahr “Mama arbeitet wieder” einsehen. Wir sind super gerne aktiv, wir stecken supergerne den Kopf in neue Ideen, wir jagen supergerne neuen Impulsen nach. Und wir reisen supergerne. Aber wohl sehr selten haben wir uns so auf die kommenden Wochen gefreut. Auf eine gechillte Reise durch Tschechien. Auf einen echten Urlaub. Und auf gemeinsame Zeit.Lustige Skulptur zum Thema Familie

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