Nach Sarajevo war die Luft raus. Alles gesehen. Irgendwie. Zumindest alles, was wir uns vorgenommen hatten für unsere #CEEtour17. Noch Haken schlagen? Durch Bosnien und Kroatien in der Pampa rumgurken? Das wollten wir nicht mehr. Daher fuhren wir schnurstracks gen Klagenfurt. Mit dem Vorsatz, nur mehr dort stehen zu bleiben, wo es die Geduld der Kinder oder überdimensionale Sightseeingschilder noch erlauben. Und siehe da, es waren zum Abschluss noch ein paar echte, für uns unbekannte Highlights dabei. Bosnische Pyramiden und Jajce. Aber auch am Ende ein absolutes Lowlight. Eines mit großem Learning-Effekt für zukünftige 6inaVan-Touren.
Bosnische Pyramiden – kein Pharao, viel Esoterik
Was haben wir gestaunt. Bosnische Pyramiden? Die wollen uns veräppeln, oder? Als wir zum ersten Mal am Campingplatz in Sarajevo mit dem kreativen Namen Camping Sarajevo davon hörten, war für uns klar: Da müssen wir hier. Das müssen wir uns anschauen.
Schon von Weitem ragt der Berg in bewaldeter Dreiecksform gen Himmel. Ein lustiger Anblick zwischen all den Supermärkten und Tankstellen, wenn man durch die nahe Stadt Visoko zur Pyramide fährt. Und das soll natürlich sein? In der Umgebung? Macht es doch ein wenig den Anschein, als hätte da ein cleverer Unternehmer oder die bosnische Tourismusindustrie der Region ein wenig nachgeholfen.
“Du, wir brauchen mehr Touristen. Was für eine coole Attraktion fällt Dir denn ein?”
“Hm, ich weiß nicht. Achterbahn? Erlebnisbad? Nein, ich hab’s. Wie wäre es mit Pyramiden mit energetischen Kräften?”
“Das ist genial. Lass uns das machen.”
So oder ähnlich stellen wir uns die Konversation in der Marketingabteilung der Region vor. Wenn es die gegeben hätte. In Wahrheit soll die Pyramide natürlich sein und daher in der Historie deutlich weiter zurückreichen als die berühmteren, erbauten Pendants aus Ägypten. Und nein, nicht Pyramide, eigentlich sind es Pyramiden. Denn sie stehen eigentlich hintereinander. Von unserer Seite jedoch waren die anderen nicht wirklich auszumachen.
Und auch in Sachen Professionalität im Tourismus hängen die Bosnischen Pyramiden der Sonne, wie sie gesamt heißen, den Pharaonen-Gräbern weit hinterher. Die Anfahrt zum Parkplatz, wo in etwa sechs Autos Platz finden, geht durch die Stadt, steile, enge, einspurigen Gassen hoch, bei der der voll beladene und nicht mehr so ganz gut bereifte WederVan schon ein wenig krächzte.
Dann ein großes Schild mit der Übersicht und ein Fußmarsch auf der Straße und ein paar erste Naturtreppen bis zum Start – ein Häuschen, das sowohl als Ticketverkauf als auch als Esoterikverkaufsladen herhalten muss. Denn wo Bosnische Pyramiden, da auch besondere Kräfte. Und der Shop ist sofort voll mit Kristallen, Amuletten, Anhänger mit dem “Baum des Lebens” oder der “Blume des Lebens” und anderen Esoterik-Accessoires.
Wandern wie an jedem Berg
Ob man an die Kräfte der Pyramide glaubt oder nicht, sei einmal dahingestellt. Zumal auf der Homepage auch folgender Satz zu finden ist, der doch eher skeptisch macht: “Die etablierte Archäologie hat die Vermutung, dass es sich um eine Pyramide handeln könnte…” Auf jeden Fall eines war toll: Die Aussicht. Auch die bewaldeten Wanderwege durch den Archäologischen Park waren Wohltat auf auf der gesamten #CEEtour17 doch arg sonnengeschädigten Körper der Weders.
Ansonsten sind Bosnische Pyramiden von nah eigentlich nicht viel mehr als jeder andere Berg mit Wanderweg. Ein paar Täfelchen zu den archäologischen Hintergründen, fertig. Irgendwo gibt es noch Tunnel und angelegte Esoterikparks. Aber die haben wir uns geschenkt. Für uns war es nur ein Zwischenstopp mit Wanderung für 2,5 Euro pro Person. Dieser aber war dafür wirklich spannend, lustig und belebend. Die Stimmung auf jeden Fall.
Jajce – eine Stadt, wie gemacht für 6inaVan
Energiegeladen ging es weiter gen Norden. Keine Experimente mehr, so das Credo. Wir wollten uns auf Bewährtes verlassen. Denn wenn wir wirklich etwas lieben, dann sind das Städte, die erstens überraschen und zweitens so gebaut sind, dass sie gut in 3-4 Stunden erkundet sind. Am Besten mit Burg, Fußgängerzone und Platz für die Kinder. Motovun in Kroatien beispielweise. Oder Berat und Gjirokastra in Albanien. Zu dieser kleinen Aufzählung gesellt sich nun Jajce hinzu.Die Stadt in der Mitte Bosniens war für uns kein Begriff. Aber nachdem das laut unserer Route noch mehr oder weniger der einzige Platz war, den unser Osteuropa-Lonely-Planet empfahl, steuerten wir Jajce an. Es sei einen Stopp wert, stand dort geschrieben. Und das stimmt. Auch wenn es noch einmal richtig heiß war und der Aufstieg auf die Burg die letzten Energie- und Wasserreserven kostete, war Jajce ein echtes Wederstapfing-Erlebnis.Richtig viel los war auch nicht. Die wenigen Ausflugsbusse und Privattouren vornehmlich arabisch anmutender Touristen machten am Pliva-Wasserfall Halt. Stehen, schauen, Selfie, weg. In die Stadt oder raus zu den Wassermühlen kam kaum einer. Oder zumindest verliefen sie sich so, dass wir bei unserem Besuch kaum jemanden begegneten.
Ritterspiele in den Gassen
Umso besser für uns. Zumal der Wasserfall für uns “jo eh ganz nett”, aber sonst eigentlich nur semispektakulär war. Dafür liebten wir die Stadt. Wir konnten unsere Ritterspiele in den Gassen und auf der Burgruine ganz oben am Bergrücken freien Lauf lassen. Spannend: In der Altstadt kostet jede einzelne noch so kleine Attraktion eigenen Eintritt. Katakomben, Museen, Burg. Gefühlt immer nur einen Euro. Aber immer mit einem überaus freundlichen Ticket-Verkäufer in einem kleinen Häuschen, der immer für einen kleinen Plausch zugänglich war, während wir im Schatten ein paar Minuten pausierten.
Die Sehenswürdigkeiten für sich sind in Jajce alle kein Muss. Beispiel: Das Highlight für uns auf der Burg war ein Pfau. Heißt: Jajce ist unaufgeregt. Einfach locker durchspazieren genügt. Hier ein kühles Getränk, dort ein bisserl Mittelalterflair, da wiederum mal kurz reinschauen, am Ende ein Eis. Sehr einladend, die Stadt.
Wassermühlen in Jajce – Wasser auf unsere Tour-Mühlen
Wieder etwas kühler wurde es in den schattigen Gefilden der Pliva-Seen. Das war nach den noch einmal heißen Tagen auch dringend nötig. Zeit dafür nahmen wir uns allerdings erst am nächsten Tag. Praktisch: Der WederVan musste dafür vom Campingplatz gar nicht bewegt werden. Denn das Auto camp “Plivsko jezero” war direkt neben den Wassermühlen von Jajce, nur ein paar Autominuten von der Stadt entfernt.
Die Wassermühlen selbst sind sehr idyllisch angelegt. Ein paar vereinzelte Schilder an der Hauptstraße, die daran vorbei läuft, erzählen auch etwas über die Geschichte. So sollen diese in die osmanische Zeit zurückreichen. Was heute zu sehen ist, ist jedoch restauriert und neu. Auch hier hat der Jugoslawien-Krieg seine kulturellen Opfer gefordert. Dennoch sehr schön anzuschauen.
Dazu einfach sehr entspannt, im Park herumzuwandern und die Füße in die kühlen Fluten zu halten. Dahinter noch eine Schaukel, die zwar völlig verrostet und schief war, aber funktionierte. Und eine Katzenfamilie mit Jungen zu beobachten, die es sich in einem der Häuschen bequem gemacht hatte. Was willst Du mehr. Wir als Weders zumindest nichts.
Ende der Tour, Ende im Spital – und Learnings
Dass die Wassermühlen das finale Highlight darstellen sollten, wussten wir in dem Moment, an dem wir Jajce verließen, nicht. Auch nicht, dass die Nacht davor die letzte im WederVan sein sollte. Schließlich lagen noch rund 500 Kilometer vor uns. Wir hätten es gekauft, wenn wir Zagreb geschafft hätten. Geworden ist es dann doch Klagenfurt. Die Kinder waren brav, schliefen viel. Nur einen Tag später sollten wir erfahren, warum.
Am Loiblpass an der Grenze von Slowenien zu Österreich und nur gut 30 Minuten von Zuhause entfernt die ersten Vorboten: Emil war schlecht. Passstraßen halt. Keine Sorge, sind ja gleich wieder im Flachen. Waren wir auch. Nur Emil war weiter schlecht. Auch die Tage danach. Inklusive enormen Flüssigkeitsverlust. Im Spital dann die Auflösung: Ein Rota-Virus legte ihn flach, vermutlich durch verunreinigtes Trinkwasser in Bosnien.
Auch der Rest der Weders hatte zu kämpfen. Zum einen mit dem Virus. Zum anderen mit den Gedanken an die Vorsicht, die wir nicht walten hatten lassen. Ein Learning der harte Sorte. Und ein ungutes Ende einer für uns sehr spannenden, abwechslungsreichen und sehr, sehr lehrreichen Tour.